Billige Fahrstunden = guter Fahrunterricht? Wie verändert sich der Beruf der Fahrlehrer*innen? Sven Meier gibt Einblicke in die Herausforderungen der modernen Fahrausbildung.
Was beschäftigt die Fahrlehrer*innen zurzeit am meisten?
Zurzeit beschäftigt uns vor allem der zunehmende Preiskampf unter den Fahrschulen. Immer mehr sogenannte «Billig-Fahrschulen» versuchen durch tiefere Preise Kundinnen und Kunden zu gewinnen – häufig auf Kosten der Qualität und Seriosität. Fahrlektionen für CHF 60 – 80 lassen kaum Raum für eine faire Entlöhnung, geschweige denn für eine solide Absicherung bei Krankheit, Unfall oder der Altersvorsorge. Hinter vermeintlich günstigen Angeboten verbergen sich oft undurchsichtige Abo-Modelle mit versteckten Kosten: Ab der sechsten Fahrstunde steigen etwa plötzlich die Preise oder es entstehen vertragliche Verpflichtungen. Solche Methoden sind aus unserer Sicht nicht vertretbar. Lernende und Eltern sollten sich ernsthaft fragen, warum ein Anbieter so günstige Preise offeriert – wahrscheinlich nicht, weil dort die besten Pädagogen unterrichten. Bei der Verkehrsausbildung sollte nicht der Preis, sondern Qualität, Sicherheit und pädagogische Kompetenz im Vordergrund stehen.
Hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren stark verändert? Wenn ja, welches ist die grösste Veränderung?
Ja, unser Berufsfeld hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Ein markanter Einschnitt war die Aufhebung des Automatikeintrags im Führerausweis per 1. Februar 2019. Seither dürfen Fahrschüler die Prüfung mit einem Automaten absolvieren und danach auch manuelle Fahrzeuge fahren – vorausgesetzt, es bestehen keine medizinischen Einschränkungen. Diese Gesetzesänderung führt dazu, dass viele Lernende ausschliesslich mit Automatikfahrzeugen fahren möchten, was insbesondere für das Gewerbe zur Herausforderung wird, da dort häufig noch manuell geschaltete Fahrzeuge im Einsatz sind. Arbeitgeber sollten daher sicherstellen, dass ihre Lernenden auch mit Handschaltung umgehen können.
Eine weitere bedeutende Veränderung ist die Einführung der einjährigen Lernphase für 17-jährige Fahrschüler seit 1. Januar 2021. Diese Lernzeit ist als Chance gedacht, um das Fahren unter Aufsicht vertieft zu üben. Leider wird dieses Jahr oft nicht konsequent genutzt, d.h. viele beginnen erst kurz vor Ablauf der Frist mit Fahrlektionen. Das ist eine verpasste Gelegenheit. Wir empfehlen, frühzeitig mit dem professionellen Fahrunterricht zu starten und das Gelernte aktiv mit Begleitpersonen zu vertiefen, um falsche Fahrmuster zu vermeiden.
Was gefällt Ihnen am Beruf als Fahrlehrer am besten?
Für mich ist das Schönste an meinem Beruf, dass ich täglich direkt mit Menschen arbeiten darf. Ob jung oder alt – die Möglichkeit, Personen auf ihrem Weg zur Mobilität zu begleiten, ist etwas sehr Erfüllendes. Es motiviert mich jeden Tag aufs Neue, meine Schülerinnen und Schüler mit wertvollen Tipps und Erfahrung zu unterstützen und gemeinsam mit ihnen auf ihr Ziel hinzuarbeiten. Es macht einfach Freude, das Beste aus den Lernenden herauszuholen und sie optimal auf die vielfältigen Herausforderungen im Strassenverkehr vorzubereiten. Darüber hinaus schätze ich den persönlichen Austausch und die vielen inspirierenden Begegnungen mit Menschen unterschiedlichster Hintergründe. Und nicht zuletzt: In diesem Beruf bleibt man immer am Puls der Zeit, sei es technisch, gesetzlich oder menschlich.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen in Zukunft in Ihrem Beruf?
Der Verkehr – auch im Kanton Zug – ist in den letzten Jahren spürbar dichter geworden. Parallel dazu nehmen Aggressivität und Rücksichtslosigkeit im Strassenverkehr zu. Eine fundierte und umfassende Ausbildung ist deshalb wichtiger denn je. Sicherheit beginnt nicht beim Gesetz, sondern bei der inneren Haltung jedes Verkehrsteilnehmers. Genau hier setzt die Verkehrsschule Zug an; mit qualitativ hochstehenden Ausbildungen, die weit über das gesetzlich geforderte Minimum hinausgehen.
Ein weiterer Aspekt sind die fortschreitenden Fahrassistenzsysteme. Die Gesetzgebung in der Schweiz wurde jüngst angepasst und in naher Zukunft werden Fahrzeuge auf der Autobahn zunehmend teilautomatisierte Funktionen übernehmen. Diese technische Entwicklung stellt uns Fahrlehrpersonen vor neue Aufgaben: Wir müssen sicherstellen, dass unsere Schüler den Umgang mit diesen Systemen lernen – inklusive der markenspezifischen Unterschiede bei deren Bedienung. Das ist eine anspruchsvolle, aber auch spannende Herausforderung.
Gibt es viel Nachwuchs, der den Beruf ausüben möchte? Oder gibt es auch in Ihrem Bereich einen Fachkräftemangel?
Aktuell haben wir in der Schweiz eher ein Überangebot an Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern – der Markt ist gut gesättigt. Gleichzeitig beobachten wir, dass viele junge Menschen den Führerausweis nicht mehr mit 17 oder 18 Jahren erwerben, sondern erst später – etwa nach dem Studium – oder teilweise gar nicht mehr. Dabei bleibt das Autofahren in unseren Augen zentral: Es bietet Unabhängigkeit, eröffnet persönliche wie berufliche Möglichkeiten und ist in vielen Branchen nach wie vor eine Grundvoraussetzung.
Die Verkehrsschule Zug feiert dieses Jahr das 50-jährige Jubiläum. Welche Pläne hat die Verkehrsschule für die nächsten Jahre?
Die Verkehrsschule Zug steht seit einem halben Jahrhundert für Qualität, Kontinuität und Innovationsbereitschaft. Auch in Zukunft werden wir Ausbildungen in allen Kategorien anbieten – vom Mofa bis zum Lastwagen oder Car. Wir bereiten uns bereits auf die bevorstehenden Änderungen in der Verkehrszulassungsverordnung (VZV) und im Verkehrskundekurs (VKU) vor. Sollte der Bundesrat, wie geplant, nach den Sommerferien 2025 grünes Licht geben, wird der neue VKU ab dem 1. Januar 2027 eingeführt – und zwar neu vor der Theorieprüfung. Spätestens ab dem 3. Quartal 2025 werden wir unsere Kursplanung darauf ausrichten.
Die Veränderungen im Strassenverkehr, sei es durch neue Gesetze, Digitalisierung oder technische Entwicklungen, fordern uns stets aufs Neue. Während früher 30 Verkehrsschilder ausreichten, sind es heute über 300. Das zeigt deutlich, wie komplex die Anforderungen an sämtliche Verkehrsteilnehmende geworden sind. Wir nehmen diese Herausforderungen mit Freude an und werden unseren Beitrag auch in Zukunft mit grossem Engagement leisten.
Zur Person
Sven Meier begann seine Karriere 2004 als Fahrlehrer und Instruktor. Mit der Zeit entwickelte er sich zu einem vielseitigen Experten in der Fahrausbildung und übernahm die Rolle des Präsidenten der Verkehrsschule Zug. Neben seiner operativen Tätigkeit ist Sven eidg. dipl. Ausbildner mit Fachausweis, Instruktor beim Fonds für Verkehrssicherheit (FVS), Fahrberater beim SFV/Senior Drive Coach und Experte für Fahrlehrerprüfungen (QSK). Privat verbringt Sven seine Zeit gerne mit Familie und Freunden, reist viel und entdeckt die Welt der Kulinarik.



