Neuerungen bei Quellenbesteuerung
Während die Implementierung der Steuerreform und AHV-Finanzierung (der sog. STAF) das prägende Ereignis im Steuerrecht darstellt, kam es in dessen Schatten auch zu einer Revision der Regeln zur Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmenden. Das verabschiedete Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens tritt zusammen mit mehreren darauf basierenden Verordnungsänderungen (Verordnung des EFD über die Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer) am 1. Januar 2021 in Kraft. Das von der ESTV publizierte Kreisschreiben Nr. 45 zur «Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern» präzisiert zudem die überarbeitete Quellensteuerverordnung.
Grund für die Reform ist insbesondere der Abbau der Ungleichbehandlung zwischen quellenbesteuerten und ordentlich besteuerten Personen. Diese Ungleichbehandlung wurde sowohl vom Schweizerischen Bundesgericht als auch vom Europäischen Gerichtshof (EUGH) gerügt. In deren Urteile kamen beide Gerichte übereinstimmend zum Schluss, dass das aus dem Jahr 1995 stammende Schweizer Quellensteuersystem mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU nicht kompatibel ist.
I. Bedeutendste Neuerungen für die Arbeitnehmer
Während ansässige Quellensteuerpflichtige ab einem jährlichen Bruttoerwerbseinkommen von 120 000 Franken weiterhin einer obligatorischen nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterliegen, können neu auch Ansässige unterhalb des genannten Schwellenwerts Veranlagung beantragen. Eine nachträglich ordentliche Veranlagung können neu auch sogenannt «quasiansässige» Quellensteuerpflichtige beantragen. Quasiansässige sind Arbeitnehmende ohne Wohnsitz in der Schweiz, die ihr Einkommen im Wesentlichen aus einer Tätigkeit beziehen, die sie in der Schweiz ausüben. Damit sind sie materiell-rechtlich den ordentlichen Besteuerten gleichgestellt.
II. Bedeutendste Neuerungen für die Arbeitgeber
A. Anwendbare Quellensteuertarife
Die anwendbaren Tarifcodes bleiben weitgehend gleich, wobei die Tarife D und O unter der neuen Quellensteuerverordnung wegfallen. Tarif D ist heute der reduzierte Tarif für Nebenerwerbs- oder Ersatzeinkünfte. Vergleichsberechnungen haben gezeigt, dass die Anwendung des geltenden Tarifcodes D Ziffer 1 in vielen Fällen zu markanten Abweichungen im Vergleich zur effektiv geschuldeten Quellensteuer führt, die sich ergibt, wenn Haupt- und Nebenerwerb zum Gesamtsatz und auf der Basis des ordentlichen Tarifs besteuert werden. Aufgrund dessen wird der Tarifcode D Ziffer 1 ersatzlos gestrichen, womit auch der bisherige Tarifcode O obsolet wird. Die im bisherigen Tarifcode D Ziffer 2 erfassten quellensteuerpflichtigen Personen werden neu im Tarifcode G geregelt.
Aus diesen Neuerungen ergeben sich insbesondere wichtige Änderungen bezüglich der Abrechnung von Teilzeitangestellten. Während diese bislang vielerorts über den ebengenannten Tarif D Ziffer 1 abgerechnet wurden, hat diese Abrechnung künftig über den ordentlichen Tarif zu erfolgen. Hat ein quellensteuerpflichtiger Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere Arbeitsverhältnisse, ist für eine korrekte Abführung der Quellensteuer überdies das satzbestimmende Einkommen zu ermitteln. Dafür ist der Arbeitgeber auf die Mitwirkung seiner teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer angewiesen. Diese haben dem Arbeitgeber bzw. seinen Arbeitgebern bekannt zu geben, ob sie einer oder weiteren Erwerbstätigkeit nachgehen. Kommen die Arbeitnehmenden den Mitwirkungspflichten nicht nach, kann sich der Arbeitgeber gewisser Pauschalbeträgen bedienen.
B. Abrechnungskanton
Künftig ist eine Abrechnung aller quellenbesteuerten Arbeitnehmenden im Sitzkanton des Unternehmens bzw. des Arbeitgebers nicht mehr erlaubt. Die Abrechnung hat mit dem Wohnsitz- oder Aufenthaltskanton des Arbeitnehmenden direkt zu erfolgen. Damit entfällt künftig die interkantonale Abrechnung zwischen Arbeits- und Wohnsitzkanton der quellensteuerpflichtigen Person. Dies dürfte zahlreiche Arbeitgeber zu Umstellungen im Lohnabrechnungssystem zwingen – je nach Kanton hat er sich sogar mit einem anderen Abrechnungsmodell vertraut zu machen. Hierbei wird zwischen dem Monatsmodell und dem Jahresmodell unterschieden. Während letzteres vorwiegend in der französischen und der italienischen Schweiz angewendet wird, ist das Monatsmodell in der Deutschschweiz vorherrschend.
C. Steuerrulings
Bestehen Steuerrulings zwischen Arbeitgeber und den Steuerbehörden über die Abführung der Quellensteuer, so ist eine Überprüfung vor der Einführung der neuen Verordnung sehr empfehlenswert. Ergeben sich aus der Überprüfung Wiedersprüche zur Verordnung oder zum Kreisschreiben 45 so bedarf es Neuverhandlungen.
Bei Fragen zur Umstellung und Implementierung der neuen Quellensteuerbestimmungen stehen Ihnen unsere Experten von MME gerne telefonisch oder persönlich zur Verfügung.