Kündigungsinitiative schadet der Schweizer Industrie

Die Annahme der Kündigungsinitiative der SVP bedeutet das Ende der Bilateralen Verträge mit der EU. Schweizer Industriebetriebe verlieren auf einen Schlag massiv an Wettbewerbsfähigkeit. Das kann sich die Schweiz in der gegenwärtigen Corona-Krise nicht leisten.

Die Folgen der Corona-Pandemie für die Wirtschaft sind massiv. Und die Krise ist noch längst nicht überwunden. Es ist damit zu rechnen, dass die wirtschaftlichen Schäden in den kommenden Monaten noch deutlicher werden. Die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» der SVP kommt im denkbar schlechtesten Moment. Sie verlangt die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Der freie Personenverkehr ist einer von sieben Verträgen der Bilateralen I. Diese sind mit einer Guillotine-Klausel miteinander verknüpft. Die Kündigung eines einzelnen Vertrages macht die anderen automatisch hinfällig. Ein Ja zur Kündigung der Personenfreizügigkeit bedeutet das Ende des bilateralen Wegs mit der EU.

Schweiz verliert wichtigste Handelspartnerin
Die Schweizer MEM-Industrie, zu der auch die Ascom zählt, ist dringend auf intakte Beziehungen zur Europäischen Union angewiesen. Die EU ist für sie der wichtigste Absatzmarkt. 56 Prozent der Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt. 320’000 Personen sind in der Schweizer MEM-Industrie beschäftigt. Mehr als ein Drittel dieser Arbeitsplätze ist direkt von Aufträgen aus der EU abhängig. Ohne Bilaterale Verträge büssen Schweizer Unternehmen massiv an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenten aus dem benachbarten Ausland ein. Beispielsweise fallen gegenseitig anerkannte Konformitäts- und Qualitätskontrollen weg. Die Folge: Deutlich mehr Bürokratie und Mehrkosten für Schweizer Firmen, die in den EU-Binnenmarkt liefern wollen.

Kontinuität statt Experimente
Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist ein wichtiger Pfeiler für den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz. Abschottung ist keine Lösung für die exportstarke Schweizer Industrie. Unser Heimmarkt ist schlicht zu klein, um den Fortbestand aller Betriebe und Arbeitsplätze zu sichern.

Die Kündigungsinitiative ist ein halsbrecherisches Experiment. Sie sieht nicht einmal eine Alternative zu den bilateralen Verträgen vor. Und gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise ist der Vorschlag der SVP Gift für die Schweizer Industrie. Die Initiative führt zur Kündigung der Bilateralen Verträge und damit zu grösserer Unsicherheit in schwierigen Zeiten. Das schadet uns allen. Die Initiative ist klar abzulehnen. Denn die Devise lautet: Kontinuität statt Experimente.

Jeannine Pilloud
CEO Ascom