Klarheit im Arbeitsrecht (ArGV 1)
Die anstehende Revision der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) hat zum Ziel verschiedene Präzisierungen und formelle Anpassungen vorzunehmen, welche für Unternehmen und Inspektorate eine Vereinfachung in der Anwendung des Arbeitsgesetzes mit sich bringen soll. Folgende Themen werden dabei konkretisiert: (1)
- Dienstreisen ins Ausland: Neu soll die in der Schweiz zurückgelegte Hin- und Rückreise im Rahmen von Dienstreisen ins Ausland vollständig als Arbeitszeit gelten. Es gilt allerdings – wie bei Dienstreisen im Inland – nur die gegenüber der Fahrt zum gewöhnlichen Arbeitsort verursachte Zeitüberschreitung als Arbeitszeit. Weiter soll die Dienstreise über Nacht oder an einem Sonntag – selbstverständlich unter Einhaltung der Bestimmungen zu den Lohn- und Zeitzuschlägen – explizit als bewilligungsfrei gelten. Die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden beginnt nach der Reise erst, wenn der Arbeitnehmer an seinem Wohnort angelangt ist.
- Definition der Arbeitswoche: Es wird Klarheit bezüglich des genauen Beginns der Arbeitswoche geschaffen, um Verwirrungen bei Nachtschichten von Sonntag auf Montag zu vermeiden. Neu beginnt die Woche am Montag um 0 Uhr und endet am Sonntag um 24 Uhr.
- Lohn- und Zeitzuschlag bei Sonntags- und Feiertagsarbeit: Arbeitnehmer mit mehr als 6 Sonntagseinsätzen innerhalb eines Jahres leisten dauernde oder regelmässig wiederkehrende Sonntagsarbeit. Ihnen ist folgende Zeitkompensation zu gewähren: Sonntagsarbeit von einer Dauer bis zu 5 Stunden ist mit gleichviel Freizeit zu kompensieren. Dauert die Sonntagarbeit länger als 5 Stunden, so ist während der vorhergehenden oder der nachfolgenden Woche im Anschluss an die tägliche Ruhezeit (11 Stunden) ein auf einen Arbeitstag fallender Ersatzruhetag von mindestens 24 Stunden zu gewähren (total 35 Stunden).
- Arbeiten Arbeitnehmer hingegen weniger als an 6 Sonntagen, leisten sie vorübergehende Sonntagsarbeit. In diesem Fall haben sie neben der Zeitkompensation Anspruch auf einen Lohnzuschlag von 50%. Stellt sich erst im Verlauf des Jahres heraus, dass ein Arbeitnehmer an mehr als 6 Sonntagen pro Kalenderjahr arbeitet, bleibt der Lohnzuschlag von 50% für die ersten 6 Sonntage geschuldet.
- Zusammengesetzter ununterbrochener Betrieb – Präzisierung der Regelung zur Nachtarbeit: Bei Nachtarbeit kann die tägliche Arbeitszeit in höchstens 3 von 7 aufeinanderfolgenden Nächten bis zu 10 Stunden in einem Zeitraum von 12 Stunden betragen. Beim zusammengesetzten ununterbrochenen Betrieb ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Wochenendschichten zwischen Donnerstagabend und Montagmorgen zulässig. Dies bedeutet allerdings, dass insgesamt 4 Nächte betroffen sein können. Sobald der Arbeitnehmende im Rahmen einer Wochenendschicht in einer Nacht 10 Stunden in einem Zeitraum von 12 Stunden beschäftigt wird, kann er maximal 3 Nächte arbeiten. Dies selbst dann, wenn die Arbeitszeit in den anderen Nächten weniger als 10 Stunden beträgt. (2)
- Obligatorische medizinische Untersuchung und Beratung: Nach neuem Recht werden eine medizinische Untersuchung und Beratung obligatorisch, sobald
Jugendliche im Nachtdienst arbeiten, d.h. zwischen 22:00 Uhr abends und 06:00 Uhr morgens. Die medizinische Untersuchung findet normalerweise alle 2 Jahre statt, ausser der Arbeitnehmer untersteht der Pflicht einer verkehrsmedizinischen Untersuchung und die Eignung zur Nachtarbeit wird in diesem Rahmen abgeklärt.Die Schlussfolgerungen hinsichtlich der Eignung oder Nichteignung müssen ferner nicht mehr dem SECO zugestellt werden – dies entspricht der bereits bestehenden Situation. Das SECO hat die Betriebe und Ärzte entsprechend instruiert und sie angewiesen, die Schlussfolgerunden lediglich den Vollzugs- und Aufsichtsorganen für den Fall einer Betriebskontrolle zur Verfügung zu halten.
Am 20. März 2020 ist die Frist zur Vernehmlassung der Änderung der ArGV 1 abgelaufen. Sofern die Stellungnahmen zur Vernehmlassung publiziert sind (bspw. der Regierungsräte der Kantone Aargau, Appenzell Innerrhoden, Bern oder Solothurn), wird die Revision unterstützt. Der Schweizer Arbeitgeberverband (SAV) zeigt allerdings einige Schwächen auf und schlägt in seiner Stellungnahme Konkretisierungen und Streichungen vor.
Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) wird der Vernehmlassungsbericht bis Ende Mai erwartet. Darauf folgen die Bundesämterkonsultation und der Entscheid des Bundesrates über das Inkrafttreten der Revision. Letzterer kann aufgrund der aktuellen ausserordentlichen Lage vermutlich erst im Herbst durchgeführt werden.
(1) In der ArGV 1 sollen ebenfalls zwei redaktionelle Anpassungen in Art. 12 ArGV 1 und Art. 41 und Art 42 ArGV 1 vorgenommen werden. Diese werden vorliegend nicht weiter ausgeführt.
(2) Diese Präzisierung aus der Wegleitung zu Art. 39 ArGV 1 wird nun in die Verordnung aufgenommen.