Der schwere Stand der Handwerkerberufe
Kantonsrat Peter Rust über die Wichtigkeit dieser Berufsstände.
Die Vielfalt unserer heimischen Handwerkerberufe ist riesig. Es gibt in den verschiedensten Geschäftszweigen bewährtes und traditionelles Handwerk. Leider verzeichnen viele dieser Berufsstände ein akutes Nachwuchsproblem. Weil die Lehrstellen schon länger nicht mehr genügend besetzt werden, fehlen Fachkräfte gezwungenermassen jetzt schon in allen Altersklassen.
Die Frage stellt sich: Warum befinden wir uns in dieser Situation? Es gibt verschiedene Gründe, welche Einfluss darauf haben. Ein zentraler Punkt findet sich zunehmend in unserer Gesellschaft. Wer ist heutzutage schon bereit, einen Beruf zu erlernen, in welchem man schmutzige Hände und dreckige Kleider bekommt. Wenn sich doch noch Schulabgängerinnen und Schulabgänger für einen Handwerksberuf entscheiden, werden sie wenn möglich noch ausgelacht. Dabei sind sie die Lernenden, welche Verantwortung übernehmen, ihr eigenes Geld verdienen und so einen wichtigen Teil unseres Wirtschaftsmotors bilden.
Zunehmend wird auch festgestellt, dass der Druck der Eltern auf die Lernenden immer grösser wird. Man hat manchmal das Gefühl, dass sich die Eltern fast schämen, wenn ihre Kinder nicht an der Kantonsschule sind und danach kein Studium absolvieren. Eine erlebte Situation eines Strassenarbeiters, welcher einer Mutter mit Kind zuhörte, lautete (Zitat): «Schau mal, wenn du nicht mehr Fleiss in der Schule zeigst, endest du wie dieser Arbeiter da unten im Graben.» Eine solche Aussage spricht Bände. Wenn die Wertschätzung gegenüber den Gewerbeberufen auf ein derartiges Niveau sinkt, haben wir längerfristig ein grosses Problem in unserer Gesellschaft. Denn genau diese Berufe ermöglichen Topinfrastrukturen, sie ermöglichen, dass eine Heizung auch am Samstagabend repariert wird, dass unsere Städte, Gemeinden und Naherholungsgebiete gepflegt sind und dass in den Bäckereien die Regale voll sind. Diesen Menschen gilt der höchste Respekt und sie sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft.
Alle diese Betriebe bieten Topausbildungsplätze an und haben Berufsschulen auf höchstem Niveau. Die Berufsverbände, Gewerbevereine und alle Lehrbetriebe leisten einen riesigen Beitrag für den Nachwuchs in allen Branchen. Unser duales Bildungssystem bietet eine solide Grundlage für vielseitige Weiterbildungen. Mit der Möglichkeit der parallel zur Ausbildung führenden Berufsmatura hat man zudem nach dem erfolgreichen Abschluss den Zugang zu höheren Fachschulen. Vielen ausländischen Familien ist dies gar nicht bewusst, da in ihrer Heimat diese Ausbildungsweise nicht existiert.
Es gibt bei den Jugendlichen immer wieder Wellenbewegungen bei den Berufsrichtungen. Schön wäre es, wenn die nächste Welle wieder einmal unsere Gewerbeberufe treffen würde. Liebe Eltern, schaut zusammen mit euren Kindern einmal bewusst eure Umgebung an. Hinter allem, was ihr seht und greifen könnt, steht immer ein Gewerbe und ein Handwerk. Wenn man den Kindern in der Schule etwas psychischen Druck nehmen würde, hätten sie mehr Spielraum, um diese handwerklichen Berufe besser kennen zu lernen. Das Handwerk wird nie aussterben und bietet auch in Zukunft sehr vielen Menschen gute Arbeitsplätze und ein verdientes Ansehen in der Gesellschaft.