«Auch kleine Schritte können digitales Potential freisetzen»
«Auch kleine Schritte können digitales Potential freisetzen»
Der Zuger Unternehmer Andreas Kleeb hat die Digitalisierung von Anfang an miterlebt. Als junger Wirtschaftsinformatiker stieg er in ein Bürofachgeschäft ein und baute dieses zu einer Gruppe von IT-Unternehmen aus. Im Interview zeigt er seine Sicht auf, wie KMU auch in kleinen Schritten von der Digitalisierung profitieren können. Ein Ende des digitalen Steigfluges sei indes nicht abzusehen.
Von Marco Peter
Andreas Kleeb, bereitet Ihnen die Digitalisierung Freude oder Sorge?
Beides. Für uns als IT-Unternehmen gibt es im Moment sehr viel zu tun. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass Informatik und Business immer mehr miteinander verschmelzen. Ohne eine moderne IT ist heute gar kein modernes und durchgängiges Business mehr möglich. Immer mehr KMU erkennen den Handlungsbedarf und kommen mit den unterschiedlichsten Anliegen auf uns zu.
Und wo bereitet sie Ihnen Sorge?
Die Digitalisierung bewirkt aber auch, dass sich Märkte heute viel schneller verändern als früher. In der Informatik waren wir uns Wandel schon immer gewohnt, aber das Tempo hat noch einmal zugelegt. Am Beispiel Zalando sehen wir, dass es jederzeit zu einer disruptiven Innovation kommen kann, die eine ganze Branche auf den Kopf stellt. Die Innovatoren können auch aus «fremden» Branchen stammen. In diesem Umfeld die Weichen für die Zukunft schnell genug zu stellen, ist herausfordernd.
Hand aufs Herz – ist das Thema nicht zu Genüge breitgetreten?
Der Begriff «Digitalisierung» wird tatsächlich inflationär verwendet. Die Stimmen, die das Thema lediglich einen «Hype» schimpften, sind jedoch schon länger verstummt. Denn die Erkenntnis, dass die Digitalisierung für uns als Gesellschaft relevant ist, ist weit gereift. Die Wissenschaft erforscht das Thema, die Hochschulen haben zahlreiche Aus- und Weiterbildungsgänge aufgegleist, die Wirtschaft ist in Interessensverbänden aktiv, die Eidgenossenschaft lanciert Impulsprogramme.
Als Sie 1982 den ersten PC verkauften, hätten Sie sich vorstellen können, wohin dieser Weg einst führen wird?
Wir gingen davon aus, dass hier ein grosses Potential ruht. Darum haben wir ja auf diese Karte gesetzt. Aber dass unsere Gesellschaft einmal so vernetzt sein wird, dass Dinge intelligent werden, dass wir mit so einer Selbstverständlichkeit die ganze Welt auf dem Smartphone in der Tasche herumtragen, hätte ich mir damals nicht in dieser Dimension vorstellen können. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Wie stellen Unternehmen in Zeiten der digitalen Unsicherheit die Weichen richtig?
Für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder muss die Digitalisierung ein fixes Traktandum werden. Es gilt, den Markt zu beobachten und sich kontinuierlich zu fragen, wo die neuen Technologien das eigene Geschäft unterstützen können. Es lohnt sich ausserdem, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und die Meinungen von Kontaktpersonen ausserhalb des Kerngeschäftes einzuholen. Das kann neue Möglichkeiten eröffnen.
Wie können kleinere KMU mit beschränkten Ressourcen die neuen Möglichkeiten nutzen?
In einer Publikation von PWC, Google und digitalswitzerland war es sehr treffend formuliert: wir empfehlen Schweizer KMU, hinsichtlich der Digitalisierung mutiger zu agieren. Kleine, einfache digitale Schritte können schon deutliche Effizienzgewinne bewirken. Das war 2016, ist aber auch heute noch genauso richtig. Auch aus Sicht Informatik gibt es solche verhältnismässig kleinen Schritte, die erste digitale Potenziale im Unternehmen freisetzen. Es muss nicht immer die grosse, disruptive Innovation sein, auch kleinere, inkrementelle Schritte sind wertvoll und zielführend.
Was heisst das konkret?
Der Arbeitsplatz ist ein gutes Beispiel. Neue Lösungen ermöglichen es KMU, den Mitarbeitenden einen «modernen Arbeitsplatz» zur Verfügung zu stellen, der ganz auf die Produktivität fokussiert. Die Belegschaft nutzt die vertrauten Anwendungen wie «Outlook», «Word» und «Excel» und hat immer Zugriff auf die aktuellsten Versionen von Dateien – ganz egal, wo, wann und mit welchem Gerät gearbeitet wird. Ergänzt mit «Teams» findet die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen auf eine ganz neue Art und Weise statt.
Marco Peter nimmt als Web- und Contentspezialist verschiedene Funktionen in Marketing & Kommunikation bei der redIT Services AG wahr.