Agrar-Initiativen schwächen regionale Lebensmittelproduktion und schaden dem Gewerbe
Am 13. Juni stimmt die Schweiz über die Pestizidverbots- und die Trinkwasser-Initiative ab. Beide Vorlagen wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark reduzieren oder sogar ganz verbieten. Sie sind extrem und stellen die Lebensmittelproduktion in der Schweiz auf den Kopf. Den Schaden tragen Landwirtschaft, Wirtschaft, Gewerbe und Bevölkerung.
Zug ist bekannt als «Chriesiland». Blühende Kirschbäume prägen im Frühling das Landschaftsbild und die berühmte Zuger Kirschtorte gilt offiziell als kulinarisches Erbe der Schweiz. Es ist aber nicht selbstverständlich, dass jeden Sommer hochwertige Kirschen geerntet werden können. Zuvor müssen die Obstbäuerinnen und -Bauern die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ernte schaffen. Es ist wichtig, dass ihnen dafür sämtlichen modernen Tools zur Verfügung stehen. Umso stossender ist es, dass gleich zwei extreme Agrarinitiativen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz massiv einschränken oder gar ganz verbieten möchten. Von den Folgen betroffen sind nicht nur die Zuger Obstbäuerinnen und -Bauern, sondern Landwirtschaft, Wirtschaft, Gewerbe sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der ganzen Schweiz
Preise für regionale Lebensmittel steigen
Bei einem Ja zu den extremen Agrar-Initiativen bricht die inländische Lebensmittelproduktion in der Schweiz ein. Denn ohne Pflanzenschutzmittel ist mit grossen Ernteausfällen zu rechnen. Im Durchschnitt geht man von 40 Prozent weniger Erträgen aus. Zudem wird die Produktion viel aufwändiger und komplizierter. Das mangelnde Angebot und der grosse Produktionsaufwand lassen die Preise für Schweizer Produkte in die Höhe schnellen. Konsumentinnen und Konsumenten spüren das ganz direkt im eigenen Portemonnaie. Insbesondere für Haushalte mit niedrigem Einkommen ist das ein Problem. Es ist ungerecht, wenn sich nicht mehr alle Gemüse und Früchte aus der Region leisten können. Nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten bekommen die Preissteigerungen für regionale Produkte zu spüren, sondern auch das Gewerbe aus der Lebensmittelindustrie, Hotellerie oder Gastronomie.
Mehr Importe und Einkaufstourismus
Natürlich müsste der Mangel an Schweizer Nahrungsmittel irgendwie kompensiert werden. Im Falle der Trinkwasser-Initiative bleibt nichts anderes übrig, als auf importierte Produkte aus dem Ausland auszuweichen. Im Falle der Pestizidverbots-Initiative ist nicht einmal das möglich. Denn die Vorlage verbietet den Import von mit synthetischen Pestiziden behandelten Lebensmitteln zu gewerblichen Zwecken. Weiterhin erlaubt, bleibt jedoch der Import solcher Produkte für private Haushalte. So wird dem Einkaufstourismus Tür und Tor geöffnet. Leidtragender ist der lokale Detailhandel. Aber auch im Kampf gegen den Klimawandel bedeuten beide Initiativen einen herben Rückschlag. Die Transportwege werden länger, der Grenzverkehr nimmt zu. Das ist schädlich für die Umwelt.
Kontraproduktive Initiativen
In der Medizin würde niemand auf Medikamente zur Bekämpfung von Krankheiten verzichten. Den gleichen Nutzen entfalten Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. Sie schützen vor Pflanzenkrankheiten, bekämpfen Schädlinge und verhindern, dass Unkräuter landwirtschaftliche Kulturen verdrängen. Wer auch in Zukunft eine sichere Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit gesunden und regionalen Nahrungsmitteln will, stimmt am 13. Juni zwei Mal Nein zu den extremen Initiativen.
Jimmy Mariéthoz
Direktor Schweizer Obstverband (SOV).