Ablösung der Notverordnung über die COVID-19-Kredite
Bis zum 31. Juli 2020 konnten Schweizer Unternehmen bei ihren Hausbanken oder der PostFinance COVID-19-Kredite beantragen. Diese Frist ist mittlerweile abgelaufen und damit die Phase der Kreditvergabe abgeschlossen. Um den Unternehmen rasch und unbürokratisch Zugang zu den Krediten zu ermöglichen, fusste die Kreditgewährung auf einer vom Bundesrat erlassenen Notverordnung (COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung). Die bis am 25. September 2020 befristete Verordnung soll nun ins ordentliche Recht überführt werden. Dazu hat der Bundesrat einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt.
Für die Kreditnehmer/-innen sind folgende Aspekte des COVID-19-Solidarbürgschaftsgesetzes zentral:
- Mittelverwendung: Die Vorlage übernimmt die in Art. 6 Abs. 3 der COVID-19-
Solidarbürgschaftsverordnung verankerte unzulässige Mittelverwendung materiell grundsätzlich unverändert. So sind insb. Ausschüttungen von Dividenden sowie bestimmte Darlehensgewährungen und -rückzahlungen weiterhin verboten. Damit soll eine direkte oder indirekte Zweckentfremdung der Mittel, die letztendlich aus öffentlichen Mittel stammen, verhindert werden. Auf ein Verbot für die kreditnehmenden Unternehmen variable Bestandteile (Boni) in ihrem Vergütungssystem vorzusehen, wurde bereits beim Erlass der COVID-19-Verordnung bewusst verzichtet. Variable Lohnbestandteile stellen – besonders für neuere Unternehmen – eine wichtige Gestaltungsmöglichkeit der Unternehmensfinanzierung dar. Des Weiteren würden sich bei einem Verbot auch schwierige arbeitsrechtliche Fragen stellen, da konstant ausbezahlte Boni über die Zeit gewohnheitsrechtlichen Charakter erhalten. Eine Neuerung sieht die Gesetzesbestimmung im Bereich der Mittelverwendung für Investitionen vor. Die COVID-19-Verordnung enthielt ein teilweises Investitionsverbot; so war es unzulässig, verbürgte Kreditmittel für neue Investitionen ins Anlagevermögen zu verwenden, die keine Ersatzinvestitionen darstellen. Diese Bestimmung soll nun nicht ins ordentliche Recht überführt werden, um die Unternehmen nicht auf längere Sicht in ihrer Investitionstätigkeit einzuschränken. Folglich sollen ab Inkrafttreten des vorliegenden COVID-19-Solidarbürgschaftsgesetzes auch alle Investitionen getätigt werden dürfen, die über reine Ersatzinvestitionen hinausgehen. - Dauer und Amortisation der Kredite: Die fünfjährige Laufzeit der Kredite wird beibehalten. Führt diese Rückzahlungspflicht zu einer erheblichen Härte bei der Kreditnehmerin oder dem Kreditnehmer, so kann die Laufzeit des Kredits ausnahmsweise verlängert werden. Im Gegensatz zur Verordnung wird die Verlängerung nicht mehr auf zwei Jahre beschränkt. Die Frist soll angemessen, höchstens aber um fünf Jahre verlängert werden können, sofern die finanziellen Risiken für den Bund dadurch reduziert werden. Die gesamte Amortisationsdauer darf somit max. zehn Jahre betragen.
- Zinsen: Die Zinsen und der Mechanismus zur jährlichen Anpassung der Zinsen an die Marktentwicklung werden unverändert aus der COVID-19-Verordnung übernommen. Die sehr attraktiven Kreditkonditionen von 0.0 % für COVID-19-Kredite bis CHF 500’000.– und 0.5 % für die über CHF 500’000.– hinausgehenden COVID-19-Kredite gelten somit weiterhin. Gleichzeitig ist mit der Möglichkeit der Anpassung an die Marktentwicklung dem Umstand Rechnung getragen, dass sich das Zinsumfeld über die bis zu zehn Jahre laufende Amortisationszeit verändern kann. Allfällige Zinsanpassungen können durch den Bundesrat beschlossen werden, der sich dabei am Leitzins der SNB orientiert.
- Verhinderung einer Überschuldung nach Art. 725 OR (nArt. 725b OR): Für die Berechnung der Deckung von Kapital und Reserven bzw. einer Überschuldung werden die vollständig verbürgten COVID-19-Kredite bis CHF 500’000.– nicht als Fremdkapital berücksichtigt. Gemäss Rechnungslegung bleiben die COVID-19-Kredite aber Fremdkapital, gleiches gilt auch im Fall eines Konkurses.
- Informationspflicht und Auskunftsrecht: Die Befreiung vom Bankkunden-, Steuer-, Revisions- oder Amtsgeheimnis ist bereits beim Gesuch um COVID-19-Kredite erfolgt. Der umfassende Informations- und Datenaustausch wird als eine der zentralen Aspekte der Missbrauchsvorbeugung, -bekämpfung und -verfolgung angesehen und daher ins ordentliche Recht überführt. Die Bearbeitung, Verknüpfung und die Bekanntgabe sind allerdings auf diejenigen Personendaten und Informationen beschränkt, die zur Erfüllung der Aufgaben der beteiligten Parteien notwendig sind.
- Organhaftungsbestimmungen: Die solidarische, persönliche Haftung der Organe sowie der mit der Geschäftsführung oder der Liquidation der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers befassten Personen wird unverändert in die Vorlage überführt.
Aufgrund der Dringlichkeit soll die Vorlage in der Wintersession 2020 behandelt werden. Falls möglich soll ausserdem in derselben Session auch die Schlussabstimmung gefasst werden. Das Bundesgesetz könnte sodann auf den 1. Januar 2021 in Kraft treten.